Essen im Gedanken: Abnehmen und weniger Appetit

Wenn man sich vorstellt eine seiner Lieblingsspeisen oder Süßigkeiten zu essen, sozusagen das Essen im Gedanken durchführt, kann dies helfen, dass man tatsächlich weniger von dem isst, was man sich gerade vorgestellt hat zu essen. Man hat dadurch weniger Appetit und kann besser und leichter abnehmen.

In Experimenten mit Schokolinsen und Käsewürfeln an der Carnegie Mellon University Pittsburgh konnte festgestellt werden, dass weniger Verlangen mit der Vorstellung von Essen und nicht nur durch das konkrete, tatsächliche Essen erreicht werden kann.

Weniger Lust und Sucht nach Essen, wenn man es schon oft im Gedanken gegessen hat

Durch das gedankliche Essen nimmt die Habituation ab. Habituation ist die Reaktionsbereitschaft auf einen speziellen Reiz. Wenn man mit etwas gut vertraut ist, es schon oft dargeboten bekommen hat, schwindet das Interesse daran. Steht etwas ständig zur Verfügung, nimmt die Reaktion darauf, das unbedingte Haben-Wollen ab. Es tritt eine Sättigung ein.

Wird einem aber das begehrte eine Zeit lang vorenthalten, steigt das Interesse, die Reaktionsbereitschaft daran wieder (stark) an. In Bezug auf das Essen bedeutet es, dass wenn man etwas, was man gerne isst, ständig begehrt, aber z. B. wegen einer Diät nicht essen will und damit nur selten bekommt, wieder stärker begehrenswert wird.

In den Experimenten bekamen Studenten Bilder von Schokolinsen oder Käsewürfeln gezeigt und sollten sich anschließend unterschiedlich oft vorstellen, die Schokolinsen bzw. die Käsewürfel zu essen. Eine Vergleichsgruppe sollte sich öfter vorstellen, eine Münze in einen Waschautomaten zu stecken.

Danach durften alle Teilnehmer des Diät-Experiments aus einer Schale mit Schokolinsen bzw. Käsewürfeln so viele essen, wie sie wollten. Die Studenten, die im Gedanken 30 Schokolinsen bzw. Käsewürfel gegessen haben, nahmen nicht so viele Schokolinsen bzw. Käsewürfel. Die welche 30mal daran denken sollten, eine Münze in einen Waschautomat zu stecken, aßen deutlich mehr davon.

Joachim Vosgerau von der Carnegie Mellon University Pittsburgh schließt daraus, dass die Habituation, im konkreten Fall das Nachlassen der Sucht nach Essen, bzw. die Anfälligkeit für Fressattacken, nicht nur durch das konkrete und tatsächliche Essen der begehrten Süßigkeiten, des Essens, der Cola, Limonade, der Schokolade, der Gummibärchen … erreicht werden kann. Die Fressattacke, bzw. die Süßigkeitensucht kann auch besiegt werden, wenn man nur daran denkt, eine große Menge davon zu essen.

Der Reiz, die Reaktionsbereitschaft, die durch die Süßigkeiten, das Essen u. s. w. ausgelöst werden, lässt durch das “Denk-Mahl” nach: “Der 15. Bissen von einem Schnitzel bringt sehr viel weniger Befriedigung als der erste.”

Durch das wiederholte und anhaltende Vorstellen, das Begehrte tatsächlich zu essen, gewöhnt man sich an den Essensreiz und er lässt nach.

Die Wirkung gegen die Esssucht und Fressattacken tritt aber nur ein, wenn man es sich konkret und detailliert vorstellt zu essen. Das Betrachten von Bildern des begehrten Essen, der begehrten Süßigkeit in einem weiteren Experiment zeigte keine Wirkung – der Appetit auf die Schokolinsen bzw. den Käse wurde nicht verringert.

Fazit

Einen Versuch an sich selbst, wenn man wieder vor einer Fressattacke steht und die Süßigkeitensucht hochkommt, ist wohl einfach und ohne großes Risiko durchzuführen. Ob es dann wirklich funktioniert, wird man dann sehen. Wenn nicht, weiß man, dass man andere Wege und Mittel finden muss, um mit Fressattacken fertig zu werden. Zum Beispiel durch Vorausplanen, das Willenskraft spart und das Nichtvorhandensein von Süßigkeiten.

Christoph Klotter, Professor für Ernährungspsychologie an der Hochschule Fulda, sieht den Ansatz, sich das Essen nur vorzustellen, positiv, schreibt ihm Potenzial zu und sieht darin Zukunftsfähigkeit. Es sei interessant herauszufinden, wann die Gewöhnung und das nachlassende Interesse – die Habituation – stärker sei als die Verankerung einer bestimmten Reaktion auf diesen Reiz und damit eine Verstärkung bzw. Festigung der ungewollten und ungewünschten Reaktion darauf – die sogenannte Konditionierung auf den Essensreiz.

Ablenken durch intensive Gedanken an Nicht-Essen

2010 konnten die australischen Forscher E. Kemps und M. Tiggermann in einer Studie nachweisen, dass man das starke Verlangen, die Sucht nach “verbotenen” Essen, wie Süßigkeiten, auch durch das intensive und bildhafte Vorstellen von Nicht-Essen besiegen bzw. reduzieren kann.

Diese Strategie wird angewendet, wenn sich der Gedanke an z. B. Schokolade, Gummibärchen, Eis, Limo, Cola etc. aufdrängt und das Verlangen danach (zu) stark wird. Intensive, eingehende Gedanken, das Schaffen von ablenkenden Bildern im Kopf, die mit Gefühlen, Gerüchen, Geräuschen einhergehen soll dagegen helfen. Beispielsweise kommen dafür Naturerlebnisse am Meer, in den Bergen, oder positive Erlebnisse mit Familie und Freunden in Betracht.

Wirkung auch bei Nikotinentwöhnung, um Nichtraucher zu werden?

Joachim Vosgerau sieht die Möglichkeit durch die Vorstellung Zigaretten zu rauchen, sich das Rauchen abzugewöhnen und Nichtraucher zu werden. Er selbst hat so seine Nikotinentwöhnung geschafft und ist Nichtraucher geworden (Er glaubt zum Zeitpunkt des Interviews, dass er “… darüber hinweg …” ist.) Immer wenn er unbedingt eine Zigarette rauchen wollte, das Verlangen nach Nikotin sehr stark war, stellte er sich vor, “… Zug um Zug eine zu rauchen.”

Literatur:

Stern Gesund Leben: “Denk-Mahl”, Heft 2/2011, Seite 24.

Current Directions in Psychological Science: “A Cognitive Experimental Approach to Understanding and Reducing Food Cravings”, vol. 19 no. 2, 04/2010, Seite 86 bis 90.

Diplom-Betriebswirt (FH) André Fiebig