Zeitverzögerung und Zeitversatz beim Fernsehen – Liveübertragungen

Die Zeitverzögerung bzw. der Zeitversatz beim Fernsehempfang, der sich vor allem bei Liveübertragungen von Zeitsignalen, wie der Tagesschau, oder Sportveranstaltungen wie ein Elfmeterschuss bei Fußballweltmeisterschaften oder Fussballpokalspielen bemerkbar macht, hängt sowohl vom Übertragungsweg, dem konkreten Sender als auch vom Wohnort (Standort des Fernseher) ab.

Ich bemerke dieses Phänomen neben der letzten Fussball-Europameisterschaft, vor allem beim Umschalten zwischen den Empfangssignalen am Fernseher. Wenn ich gerade über Kabelfernsehen / DVB-C geschaut habe und zwecks Aufnahme oder Pausenschaltung den Empfang auf Antennenfernsehen – DVB-T – umschalte, höre ich das zuletzt gesprochene und sehe das zuletzt gesehene immer nochmals.

Beim umgedrehten Signalwechsel von DVB-T zu Kabelempfang / DVB-C, fehlt dann natürlich immer ein kleines Stück der Übertragung von ca. 2 Sekunden, welche ich dann verpasse.

Die Stiftung Warentest hat jetzt diese Zeitverzögerung anhand der eingeblendeten Uhr zu Beginn von Nachrichtensendungen nachgemessen. Dabei hat sie die eingeblendete Uhrzeit mit einer Funkuhr im Prüfraum verglichen. Das Fernsehbild und die Funkuhr wurden mit einem Camcorder gefilmt und am Computer per Einzelbild ausgewertet.

Dabei berücksichtigte die Stiftung Warentest alle fünf derzeit möglichen Übertragungswege des Fernsehsignals: Kabel – analog und digital, Satellit – digital, Antenne – digital und Internet – digital.

Am schnellsten war das analoge Kabelsignal, welches aber auch die schlechteste Bildqualität lieferte – mit durchschnittlich 2,6 Sekunden Zeitverzögerung. Danach folgten das digitale Satellitensignal in Standartauflösung (DVB-S in SD) mit 3,2 Sekunden, das digitale Kabelsignal in Standartauflösung (DVB-C in SD) mit 4,0 und das digitale Kabelsignal in HD-Auflösung (DVB-C in HD) mit 4,2 Sekunden Zeitverzögerung bzw. Zeitversatz.

Das absolut schnellste Signal kommt also in der schlechtesten Qualität per analogen Kabelanschluss. Wenn man einen digitalen Kabelanschluss benutzt, kann man derzeit das analoge Signal noch weiterbenutzen, wenn einem die geringstmögliche Zeitverzögerung bei einer Live-Übertragung wichtig ist und man nicht den Nachbarn beim Torjubel hören will, während man selbst noch gespannt auf das Ergebnis des Elfmeters wartet.

Das schnellste hochauflösende Bildsignal kommt auch per Kabelanschluss. Wenn die Qualität besser sein soll als analog, aber immer noch möglichst schnell, ist das Satellitensignal in SD-Auflösung mit einer nur geringfügig größeren Zeitverzögerung als analog die beste Wahl.

Nochmals deutlich langsamer sind die Anschlüsse per digitaler Antenne (DVB-T) mit 5,0 Sekunden und hochauflösendem digitalem Satellitenanschluss (DVB-S in HD) mit 5,1 Sekunden.

Wiederum mindestens eine Sekunde langsamer waren im Test die verschlüsselten Signale der Privatsender: digitaler Kabelanschluss in SD verschlüsselt mit 6,1 Sekunden und digitaler Satellitenanschluss in HD verschlüsselt mit 6,4 Sekunden. Dies liegt im zusätzlichen Aufwand der Verschlüsselung und Entschlüsselung. Zusätzlich kann es nach eigener Erfahrung bei einem digitalen Kabelanschluss bei verschlüsselten Sendern zu deutliche häufiger zu Bildstörungen kommen – bedingt durch die schlechteren Ausgleichsmöglichkeiten eines schlechten Empfangssignals.

Das Fernsehsignal per Internet-Livestream ist schon richtig langsam, mit 7,8 Sekunden Zeitverzögerung, wird aber nochmals deutlich negativ geschlagen durch das Internet-Fernsehen der Deutschen Telekom mit ihren sehr langsamen IPTV-Anschlüssen: Telekom-IPTV in HD mit 12,3 Sekunden und Telekom-IPTV in SD mit 13,1 Sekunden Zeitverzögerung / Zeitversatz.

Die Zeitverzögerung je nach Übertragungsweg sind Durchschnittswerte und nicht für alle Sender gleich groß. Es gibt Sender, die auf einem bestimmten Übertragungsweg einen größeren Zeitversatz aufweisen als andere Sender auf dem gleichen Übertragungsweg.

Die von der Stiftung Warentest gemessene Ortsabhängigkeit der Zeitverzögerung führt diese nicht weiter aus, weist nur darauf hin, dass es bei Satellitenempfang natürlicherweise durch den selben Sende-Satelliten diese Ortsabhängigkeit nicht gibt. Die Zeitverzögerung an unterschiedlichen Empfangsorten kommt durch die unterschiedliche Einspeisung des Fernsehsignals je nach Empfangsort in den Kabelnetzen, Funksendern des digitalen Antennenfernsehens und des Internet-Signals des IPTV-Fernsehens zustande.

Literatur: test:”Live ist nicht gleich live – Zeitversatz beim Fernsehen”, Januar 2013, Seiten 52 und 53.

Diplom-Betriebswirt (FH) André Fiebig