Helicopacter pylori – Antibiotikabehandlung macht dick?

Seit den 1980er Jahren gilt das Bakterium Helicopacter pylori als wichtige Ursache für Magenschleimhauentzündungen, Magengeschwüre und Zwölffingerdarmgeschwüre. Mittlerweile wird Helicopacter pylori standartmäßig mit Antibiotika abgetötet. Die Häufigkeit von Magengeschwüren hat sich seitdem laut Spektrum der Wissenschaft mehr als halbiert.

Spektrum der Wissenschaft stellt im Artikel: “Tausend Billionen Freunde”, der über für den Menschen nützliche und notwendige Bakterien handelt heraus, dass auch Helicopacter pylori für den Menschen nützlich und notwendig sein kann.

Helicopacter pylori hilft dem Menschen den Säuregrad im Magen zu regulieren. Damit schafft er eine entsprechend saure Umgebung, die sowohl für ihn selbst, als auch für den Menschen nützlich ist. Produziert der Magen zu viel Säure, was sowohl für die Magenschleimhaut, als auch für das Bakterium schlecht ist, stellt Helicopacter pylori mittels des cagA-Gen Proteine her, die für den Magen ein Signal darstellen, die Säureproduktion zu verringern.

Das cagA-Protein hat allerdings den Nebeneffekt, dass es bei dafür anfälligen Menschen Magenschleimhautentzündungen, Magengeschwüre und Zwölffingerdarmgeschwüre verursacht.

Helicopacter pylori reguliert ebenfalls den Ghrelin-Spiegel. Ghrelin ist der Gegenspieler von Leptin und signalisiert dem Gehirn Appetit und Hunger.

Ist der Magen Helicopacter pylori besiedelt, geht nach dem Essen der Ghrelin-Spiegel zurück. Nach einer Abtötung des Bakteriums mit Antibiotika verschwindet laut Spektrum der Wissenschaft dieser Effekt. In einer Studie sei das Gewicht der Studienteilnehmer nach der Antibiotikabehandlung angestiegen (in der Kontrollgruppe blieb es gleich).

Im Artikel wird vermutet, da der Ghrelin-Spiegel ohne Helicopacter pylori nach dem Essen hoch blieb und nicht wie normalerweise absank, die Studienteilnehmer somit länger hungrig gewesen seien und dementsprechend mehr gegessen hätten.

Wobei mir das in dem Ausmaß als extrem und unschlüssig erscheint. Vor allem in Hinblick auf die nächste Aussage, dass vor zwei oder drei Generationen in den USA noch 80 Prozent der Bevölkerung Helicopacter pylori aufwiesen und bei heutigen Tests nur noch 6 Prozent. Daraus folgend ist in der Spektrum der Wissenschaft die Aussage zu lesen, dass eine ganze Generation ohne Helicopacter pylori aufwächst, der das Ghrelin im Magen regulieren könnte.

Wenn dieser Zusammenhang wirklich so mechanistisch und eins zu eins wäre, dann müsste es wohl eine deutlich größere Gewichtszunahme in der Bevölkerung zur Folge haben bzw. gehabt haben.

Es wird auch keine Aussage darüber getroffen, ob die Ghrelin-Regulation nur nach Ausmerzung von Helicopacter pylori versagt, bzw. eingeschränkt ist, oder ob diese Aussage auch zutrifft, wenn das Bakterium von vornherein nicht vorhanden war.

Ebenfalls wird keine Aussage getroffen, was mit dem Magensäurespiegel nach der Antibiotikabehandlung und damit Abtötung von Helicopacter pylori geschieht. Da dann nicht mehr wie von Spektrum der Wissenschaft beschrieben das cagA-Protein hergestellt wird, fehlt dann auch dieses Signal zur Verringerung der Magensäureproduktion.

Wäre es dann möglich, dass die Betroffenen Patienten gerade nach der Ausrottung von Helicopacter pylori mit einem erhöhten Magensäurespiegel zu kämpfen haben? Dass danach somit die Magenschleimhaut gerade durch zu hohe Magensäurespiegel angegriffen wird? (Und vielleicht in eine Abhängigkeit von Magensäureblockern wie Omeprazol geraden?)

Literatur: Spektrum der Wissenschaft: “Tausend Billionen Freunde” von Jennifer Ackerman, November 2012, Seite 27-33.

Diplom-Betriebswirt (FH) André Fiebig